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Ortloff in der Kölner City: Vorzeigestandort für die Branche, wo gerade auch nach der Ladenöffnung das Thema C-Commerce einen besonderen Stellenwert hat.
Ortloff in der Kölner City: Vorzeigestandort für die Branche, wo gerade auch nach der Ladenöffnung das Thema C-Commerce einen besonderen Stellenwert hat.

Stationär und online enger verzahnen: Die komplette Customer Journey bei Ortloff

Auch das Geschäft von Ortloff in der Kölner City hatte unter Lockdown und Ladenschließungen zu leiden. Cutes sprach mit Margit Becker, Geschäftsfeldleiterin Einzelhandel bei Soennecken, über Wiedereröffnung, Kundenresonanz und die Multichannel-Ausrichtung.

Das Kölner Fachgeschäft Ortloff gilt als Vorzeigestandort für die Branche – auch gerade nach den Ladenöffnungen wird hier vermehrt auf das Thema C-Commerce gesetzt. Es gilt, den Kunden auf der Customer Journey zu begleiten – vom Self-Service-Point im Ladengeschäft bis zu Social-Media-Shopping über Facebook oder Instagram. Margit Becker von Soennecken steht uns in der aktuellen Cutes-Ausgabe (HIER) über Wiedereröffnung, Kundenresonanz und die Multichannel-Ausrichtung des Geschäfts Rede und Antwort.

Frau Becker, auch Ortloff war von der Corona-bedingten Ladenschließung betroffen. Wie haben Sie die Wochen bis zur Wiedereröffnung empfunden und erlebt?

Wenn ich den Arbeitsmodus der letzten Wochen betrachte, so war das Stresslevel relativ hoch. Zuerst musste alles rund um den Lockdown organisiert werden (Kurzarbeit, Organisation der Dienstleister usw.). Danach wollten wir den Kunden so viel Bestell-Service wie möglich bieten (per online, Telefon und Mail) und dies mit einer begrenzten Stundenzahl eines Notfall-Teams. Nach ein paar eher chaotischen Tagen haben wir dazu eine Routine gefunden. Bei der Wiederöffnung durften wir die ersten Tage nur 800 der insgesamt 1600 qm öffnen. Hier war die größte Herausforderung, für Kunden und Mitarbeiter das Richtige zu planen: Welche Flächen und damit Sortimente sperren wir ab, und wie können wir durch feste Laufwege und begrenzte Besucherzahlen die Kunden und Mitarbeiter sicher durch das Geschäft leiten. Die Mitarbeiter wurden außerdem in zwei getrennte Teams eingeteilt, die jeweils drei Tage pro Woche für die Kunden im Geschäft sind. Sie sehen, eine Vielzahl von Aufgaben, die wir im normalen Geschäftsmodus nicht kennen. Bezogen auf die Stimmungslage haben uns die vielen anfänglichen Aufgaben ein gutes Gefühl der Aktivität gegeben. Mit Beginn der Routine im Notfall-Team ist die Stimmung eine Zeit lang abgesackt, da sich der „Alltag“ nicht richtig für das Geschäft anfühlte. Es standen immer die Fragen im Raum: Wie lange wird dies so laufen? Wie halten wir das durch? Die Entscheidung zur Wiederöffnung hat die Stimmung wieder gehoben, da es ein greifbares Ziel gab. In der Zeit habe ich auch gemerkt – und das ging dem ganzen Team gleichermaßen so – wie sehr mir der Kontakt mit den Mitarbeitern, der vor Corona so selbstverständlich war, gefehlt hat. Ähnliche Erlebnisse habe ich auch von vielen Mitgliedern der A. B. S.-Gruppe gehört, mit denen wir uns regelmäßig über Zoom-Meetings austauschen.

Konnten Sie besondere Erkenntnisse aus der Lockdown-Zeit gewinnen?

Die wichtigste Erkenntnis für mich ist, dass wir unsere Schreibwaren selbst gerne als spießig und nicht hip genug empfinden, sie für die Kunden aber sehr wohl wichtig und schön sind. Vom ersten Tag der Schließung an haben wir Kundenanfragen zu unterschiedlichsten Sortimenten erhalten. Und mit der Geschäftsöffnung standen bereits wartende Kunden vor der Tür. Das bedeutet nicht, dass jetzt alle Probleme gelöst sind: Natürlich stehen wir in den nächsten Monaten und auch im nächsten Jahr vor der großen Aufgabe, unsere Geschäfte wieder in die Gewinnzone zu bringen. Mit unserem Produktangebot sehe ich aber eine gute Chance, dies zu schaffen. Stichwort Hygiene-Maßnahmen und Abstandsregeln: Wie gelingt die Umsetzung in der Praxis? Ehrlich gesagt besser als erwartet. Die Kunden (mit ganz wenigen Ausnahmen) warten diszipliniert am Eingang, bis der Einkaufskorb desinfiziert ist, haben alle einen eigenen Mundschutz dabei, halten sich an Wegeführung und Markierungen und haben Verständnis dafür, dass z.B. die Schulranzen-Beratung auf Distanz erfolgen muss. Meine Vermutung ist, dass wir mit unserem Angebot und als Fachgeschäft eine Klientel ansprechen, die generell sehr sorgsam die Corona-Regeln einhalten. Außerdem sind auch wir sehr gewissenhaft und gegenüber dem Kunden respektvoll mit der Umsetzung der Hygiene-Regeln umgegangen, und das merken die Kunden.

Wie war und ist der Kundenzuspruch seit der Wiedereröffnung und wie sind Ihre Erwartungen?

Auch hierzu kann ich sagen, besser als erwartet. In unserem Umfeld waren zur Wiederöffnung die meisten Geschäfte aufgrund ihrer Größe geschlossen und die Frequenz in der Zeppelinstraße lag bei nur einem Drittel der normalen Kennzahl. Trotzdem haben wir seit der Eröffnung einen kontinuierlichen Kundenstrom mit einer hohe Abschöpfungsrate. Das spricht für einen gezielten Einkauf bei Ortloff. Und auch die Umsätze sind mit knapp 50 Prozent vom Vorjahr bei den gegebenen Rahmenbedingungen (50 Prozent Verkaufsfläche, 60 Prozent Öffnungszeit) nicht zufriedenstellend, aber in Ordnung. Seit dem 11. Mai haben wir nun wieder die gesamte Fläche geöffnet (aber noch mit eingeschränkter Öffnungszeit) und ich bin gespannt, wie sich der Umsatz weiterentwickelt. Von einigen Mitgliedern weiß ich, dass sie mit dem Umsatz sogar auf Vorjahresniveau liegen. Wir hoffen alle, dass wir diesen positiven Anfang fortführen können. Eine große Herausforderung wird für uns alle das Schulanfangsgeschäft sein. Da es nach dem Weihnachtsgeschäft unser wichtigstes Saisongeschäft ist, werden wir alle Kraft in Kundenansprache und Service setzen, möglichst das Niveau des Vorjahres zu erreichen. Dazu tauschen wir uns aktuell mit vielen Mitgliedern in Online-Meetings aus.

Sie haben sich bei Ortloff schon vor der Corona-Krise intensiv mit dem Thema Multichannel beschäftigt. Welche weiteren Möglichkeiten und Chancen sehen Sie für Ortloff und die A. B. S.-Mitglieder in der engeren Verzahnung von stationär und online?

Wir sind überzeugt, dass wir im nächsten Jahr das Niveau 2019 nur mit einem gewissen Umsatzanteil über Online-Verkauf erzielen können. Im Idealfall bestellt der Kunde die Ware mit Abholung im Ladengeschäft. Es wird weiterhin unsere größte Aufgabe sein, die Kunden über unser Angebot im Geschäft zu inspirieren, auch über die bestellte Ware hinaus. Diese Inspiration müssen wir zukünftig noch sehr viel stärker auch in den verschiedenen Online-Kommunikationskanälen verbreiten. Wir haben schon gute Erfahrungen z.B. in der Vernetzung mit Bloggern und Impulsen über Instragram gemacht. Dabei haben wir viel ausprobiert. Im nächsten Schritt wird es wichtig sein, die Erfolge von Aktivitäten zu messen und zielgerichtet zu steuern. Für diese Aufgabe werden wir schnellstmöglich die Warenwirtschaft auf das zentral geführte System von Soennecken (SoLution) umstellen. Ohne eine ausgefeilte Warenwirtschaft mit Bestands- und Logistik-Management sowie Kundenanalysen werden wir die Anforderungen der Verzahnung von Ladengeschäft und Online-Verkauf nicht umsetzen können.

Kontakt: www.ortloff.de, www.soennecken.de 

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